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German Apsara Conservation Project am Angkor Vat, Kambodscha (GACP)

In dem südostasiatischen Land Kambodscha, in der Nähe des großen Sees Tonle Sap, liegt die ehemalige Tempelstätte Angkor, seit 1992 Weltkulturerbe. Vom 9. bis ins 14. Jahrhundert war hier das Zentrum des Weltreiches der Khmer Hochkultur. Größter und wichtigster Tempel in diesem Bezirk ist der Angkor Vat.

Er ist mit hervorragenden Steinbildhauerarbeiten, darunter nahezu 1850 himmlische Wesen, im Volksmund Apsaras genannt, den weltberühmten, bis zu 100 Meter langen Bas-Reliefs in den Galerien und wie aus Holz geschnitzten Giebelfeldern geschmückt. Deren Zustand ist jedoch zum Teil äußerst Besorgnis erregend, viele wurden bereits Opfer der Verwitterung.

Seit 1995 wird im Rahmen des "German Apsara Conservation Project Köln" versucht, weiterem schnellen Zerfall entgegen zu arbeiten. Das Projekt befasst sich mit der Dokumentation, der Untersuchung und der Erhaltung der Sandsteinreliefs des Tempels. Das Projekt ist multidisziplinär aufgebaut und erfolgt in Kooperation mit dem Institut für Medien und Fototechnik.

Ein wichtiger Schwerpunkt des Projektes ist die Ausbildung von kambodschanischen Konservatoren und Studenten einerseits und andererseits von deutschen Studenten des Instituts für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft aber auch von anderen Instituten der Fachhochschule und fremden Fachhochschulen und Universitäten im In- und Ausland.

Die eigentlichen Erhaltungsarbeiten, die seit 1997 laufen, wurden durch umfangreiche fotografische und schriftliche Dokumentationen, Kartierungen und detaillierte Materialuntersuchungen vorbereitet. Jedem neuen Abschnitt in der Konservierung gehen solche Studien voran und die Arbeiten werden permanent wissenschaftlich begleitet und überprüft. Ausgeführt werden die Erhaltungsarbeiten nun fast vollständig von einem Team von Khmer Konservatoren, die im Rahmen des Projektes ausgebildet wurden. Basierend auf den detaillierten Untersuchungen zur Materialentwicklung und unzähligen Materialtests konnten im Jahr 2003 die ca. 580 x 2,5 Meter großen Bas-Reliefs sorgfältig gereinigt und die Gesimse über den Reliefs konservatorisch gesichert werden (Abb. 3). Studenten der Fachhochschule Köln und anderer Hochschulen mit Restauratorenausbildung nutzen die Möglichkeit, in einem fremden Kulturkreis ihr Praxissemester abzuleisten oder ihre Diplomarbeiten durchzuführen. Deutsche Wissenschaftler verschiedener Disziplinen unterstützen die Arbeiten.

Neben der permanenten wissenschaftlichen und praktischen Begleitung der Erhaltungsarbeiten durch das nun auf 17 Mann angewachsene Khmer Team haben sich in den letzten Jahren aus dem kontinuierlichen Monitoring der Skulpturen und Reliefs am gesamten Bau neue Schwerpunkte in der Forschungsarbeit ergeben.

Untersuchung zur Konservierung des südwestlichen Eckpavillons

Abb. 3: Reinigung und Sicherung der insgesamt 580 Meter langen Bas
Abb. 4: Durch Salz und unangepasste Konservierungsmaßnahmen
Abb. 5:In Feldern von ca. 25x20 Zentimetern werden die Lösungsmit-

Durch ein Fotomonitoring (Vergleich früherer Fotos mit dem derzeitigen Zustand) wurde deutlich, dass in dem zwischen den Galerien mit den Bas Relief gelegenen Eckpavillon der Schadensfortschritt in bestimmten Bereichen ganz erheblich zugenommen hat.

Die Untersuchungen konnten eine Konservierungsmaßnahme durch den Archaeological Survey of India aus den Jahre 1986 - 1993 als Ursache nachweisen. Damals wurden alle Fugen mit Zementmörteln verfüllt, verwitterte Oberflächen mit Zementschlämmen gesichert und schließlich mit einem Acrylharz gefestigt und wasserabweisend ausgestattet (die IR-Spektroskopie ergab ein dem Methyl-Metacrylat ähnlichen Stoff).

Wasseraufnahmemessungen und Messungen der Luftperameation zeigen, dass die zu einer vollständigen Verdichtung der Oberfläche führte, der Naturstein kann dadurch nicht mehr trocknen, im Mauerwerk vorhandene Salze kristallisieren hinter dieser Schicht aus und führen zur Ablösung von sehr dünnen, äußerst fragilen Schalen (Abb. 4).

Der dramatische Verwitterungsfortschritt kann nur durch eine "Entrestaurierung" gebremst werden, d.h. die Maßnahme muss soweit wie möglich wieder rückgängig gemacht werden. Die Zemente werden Millimeterweise mit Mikromeißeln und Skalpellen entfernt. Für die Abnahme der Acrylharzbeschichtung wurden im Rahmen einer studentischen Arbeit (Dana Krause von der FH Hildesheim im Praxissemester hat auf der Basis der Diplomarbeit von Meike Albers, FH Köln die Materialien und Applikationsmethoden optimiert) verschiedenste Lösungsmittel- und Kompressenkombinationen getestet, die in unterschiedlichen Zeitintervallen auf die Wände appliziert werden (Abb. 5).

Durch intensives Nachwaschen mit Lösungsmittel kann ein großer Teil des Harzes wieder entfernt werden. Zur Qualitätskontrolle werden Wasseraufnahme- und Permeationsmessungen durchgeführt, einzelne Proben werden zur Kontrolle im REM untersucht. Die Entfernung erweist sich als ein äußerst komplexes Problem, über 2,5 Tonnen Lösungsmittel und die gleiche Menge Kompressenmaterial (hochreine Tonerden und Cellulosefasern) wurden für die Maßnahme verbraucht. Die abschließende Konservierung wird nach den Leitlinien, die im Projekt entwickelt wurden, durchgefuührt und stehen kurz vor dem Abschluss.

Ta Reach

Nach der wissenschaftlichen Untersuchung der polychromen Vishnu Großskulptur (Ta Reach) im West Gate des Angkor Vat (Konstanze von zur Mühlen von der FH Potsdam im Praxissemester) konnte ein Konservierungs und Restaurierungsplans formuliert werden (Abb. 6).

Abb. 6: Konservierungsarbeiten an der Vishnu Großskulptur durch das
Abb. 7: Sicherung der Fassungs- und Lackschichten mit Baumharz

In die Entscheidung wurde auch die spirituelle Gemeinde einbezogen. Eine im Rahmen des Projekts durchgeführte Befragung hinsichtlich der Bedeutung der Skulptur für die lokale spirituelle Gemeinde erbrachte, dass eine Restaurierung wie geplant erwünscht ist und dass hierdurch die Kraft der Statue (eine der wichtigsten in Kambodscha) vergrößert würde.

Während der Erhaltungsmaßnahme wurde durch eine vorsichtige Reinigung die alte Polychromie und Vergoldung wiederentdeckt und freigelegt. Die sich ablösenden Fassungs- und Lackschichten wurden nach intensiver Untersuchung, mit lokalen Baumharzen, die auch für die historische Fassung Verwendung fanden, niedergelegt und gesichert (Abb. 7). Die lockeren und absturzgefährdeten Armen, teilweise mit Zement ergänzt, wurden

abgenommen. Dabei hat sich die Kooperation mit den Minensuchern vor Ort sehr bewährt, die mit Hilfe von Metalldetektoren die Lage der Metallanker aufspürten. Dadurch wurde diese Aufgabe sehr erleichtert. Die Zementergänzungen wurden steinmetzmäßig in Naturstein nachgearbeitet, mit den Originalteilen verbunden und nun wieder angesetzt. Der Originalkopf, in den sechziger Jahren durch eine Zementkopie ersetzt, ist noch vorhanden und wird nach Abschluss der Konservierungsarbeiten wieder aufgesetzt werden.

Das im Jahr 2000 begonnene Programm für Fassungsuntersuchungen am Angkor Vat wurde inzwischen erheblich erweitert. Ziel ist nunmehr die Erfassung der farblichen Gestaltung der Reliefs und Tempel über die gesamte Zeit der Blüte der Khmer Kultur vom 9. bis 14. Jahrhundert. In die Untersuchungen wurden die verschiedenen

Dekorationssysteme wie Stuck, Anstriche, Verputze mit und ohne Fassung und Wandmalereien einbezogen (Abb. 8). Die Technologie des Stucks, seine verwitterungsbedingten Veränderungen und die Möglichkeiten zur Konservierung werden im Rahmen einer Dissertation bearbeitet.

Notsicherungsprogramm zur Erhaltung der Natursteinreliefs an anderen Tempeln in Angkor und die Restaurierung eines Linga auf dem Phnom Bok

Das Monitoring anderer Tempel im ca. 400km2 großen Angkor Park ergab, dass viele Reliefs, aber auch Türstürze u.a. ähnlich wie die Reliefs am Angkor Wat vom Verfall bedroht sind. Die Untersuchung des ca. 4,5 m langen und 1,5 m zerbrochenen Linga (phallisches Symbol für die hinduistische Gottheit Shiva) auf dem Phnom Bok, einer 300 m hohen natürlichen Erhebung, zeigte erhebliche Schäden durch Schalenbildung. Für diese Konservierungsmaßnahmen müssen die für Angkor Wat entwickelten und erprobten Konservierungsmaterialien wieder optimiert und auf die verschiedenen Gesteinseigenschaften neu angepasst werden. Insbesondere unterscheidet sich der Sandstein des Linga deutlich durch seine Petrographie und physikalischen und mechanischen Eigenschaften von den anderen im Angkor Gebiet. Die Projekte werden durch das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland und die Fachhochschule Köln gefördert. Unterstützt wird das Projekt weiter durch Privatfirmen mit Sachspenden und durch Privatpersonen.

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